Pestizid-Kritikerin vor Gericht: Internationale Solidarität mit Valérie Murat

umweltIm Pestizidprozess gegen Valérie Murat wird für den 25. Februar das Urteil in erster Instanz erwartet. Jetzt solidarisieren sich 43 Organisationen aus ganz Europa, darunter Greenpeace, Buglife, das Corporate Europe Observatory, Générationes Futures, das Pesticide Action Network Europe und das Umweltinstitut München sowie fünf Abgeordnete des EU-Parlaments mit der französischen Anti-Pestizid-Aktivistin, die in Libourne vor Gericht steht. Murat hatte Pestizidrückstände in Weinen von zwanzig Weingütern im Bordelais nachweisen können, die mit einem Label für besonders umweltfreundlichen Anbau (Haute Valeur Environnementale) ausgezeichnet sind. Gefunden wurden Rückstände von bis zu 15 Wirkstoffen pro Flasche. Für die Veröffentlichung der Messwerte muss sich die ehrenamtliche Aktivistin nun vor Gericht verteidigen. Der Branchenverband für Bordeaux-Weine (Conseil Interprofessionnel du Vin de Bordeaux) verlangt von Murat eine Löschung der Veröffentlichung sowie 100.000 € Schadenersatz.

Libourne, München, 24.02.2021. „Die Wahrheit zu sagen ist kein Verbrechen und doch sitze ich auf der Anklagebank. Mein Verbrechen? Ich habe die Menschen über den hohen Pestizideinsatz im Anbau der Bordeaux-Weine aufgeklärt. Das wäre ein guter Anlass für die Branche gewesen, die offene Debatte über die Zukunft des Weinbaus zu suchen. Doch anstatt sich mit meiner Kritik inhaltlich zu befassen, zerrt mich der CIVB aber lieber vor Gericht. Doch ich lasse mich nicht mundtot machen und freue mich darüber, dass die Zivilgesellschaft hinter mir steht und sich mit mir gegen diesen eklatanten Angriff auf die Meinungsfreiheit wehrt.“, so Valérie Murat. 

Das Vorgehen des CIVB gegen Murat erfüllt alle Merkmale einer sogenannten SLAPP-Klage (Strategic Lawsuits against Public Participation). Mit solchen unverhältnismäßigen Klagen versuchen Regierungen und Unternehmen, diejenigen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, die im öffentlichen Interesse Missstände benennen. SLAPPs bedrohen laut der Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatovic die Meinungsfreiheit und nehmen auch in Europa zu. 

SLAPPs sind für die Betroffenen wirklich wie ein Schlag ins Gesicht.“, so Veronika Feicht, Referentin für Agrarpolitik am Umweltinstitut München. „Betroffene sollen psychologisch zermürbt und finanziell ruiniert werden. In der Regel geht es den Kläger:innen nicht in erster Linie um die Sache, sondern darum, ein Exempel zu statuieren. Wir müssen diese Einschüchterungsversuche als Gefahr für den offenen Diskurs in unseren demokratischen Gesellschaften ernst nehmen. Es darf nicht sein, dass durch strategische Klagen ein Klima der Angst geschaffen wird, in dem sich niemand mehr traut, den Mund aufzumachen und Missstände als solche zu benennen. Deshalb stehen wir an der Seite von Valérie Murat. Denn aus eigener Erfahrung wissen wir: Im Kampf gegen SLAPPs hilft nur eines: Gemeinsam laut werden!

Das Umweltinstitut München muss sich selbst gegen einen SLAPP wehren, der sich um den Einsatz von Pestiziden dreht. Agrarreferent Karl Bär steht in Bozen vor Gericht, weil er in einer Kampagne den hohen Pestizideinsatz in den Südtiroler Apfelplantagen kritisiert hat. Dafür verklagen ihn der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft Arnold Schuler und über 1300 Obstbäuerinnen und Obstbauern wegen übler Nachrede. „Ein Blick nach Südtirol sollte dem Branchenverband der Bordeaux-Weine allerdings zeigen, dass seine Strategie, unerwünschte Kritik durch Klagen zu unterdrücken, genau das Gegenteil bewirken wird. Denn aufgrund des dortigen Prozesses gegen das Umweltinstitut wissen nun mehr Menschen als je zuvor, dass Südtirol ein Pestizidproblem hat“, so Karl Bär.  

Die EU-Kommission arbeitet aktuell auf Druck der Zivilgesellschaft an einer Machbarkeitsstudie zu einer EU-Richtlinie gegen den Justizmissbrauch durch SLAPPs. Ob es eine solche Richtlinie geben wird, die dann von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht übersetzt werden muss, entscheidet sich voraussichtlich im Herbst dieses Jahres. Neben den 43 Organisationen erklärten sich die EU-Parlamentarier:innen Thomas Waitz, Martin Häusling, Mounir Satouri, Marie Toussaint sowie Benoit Biteau (GREENS/EFA im EU-Parlament) solidarisch mit Murat. 

Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen Österreich und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei sagt: "Meinungsfreiheit muss in Europa geschützt werden. Wir sehen immer mehr Fälle von SLAPP-Klagen, die zur Einschüchterung von Aktivist:innen genutzt werden, um sie in den finanziellen Bankrott zu drängen. So geht es nicht weiter! Die Pestizid- und Agrarindustrielobby will nicht, dass ihr auf die Finger geschaut wird. Wir als Gesellschaft brauchen die wertvolle Arbeit der Aktivistinnen mehr als je zuvor. Meine vollste Solidarität mit Valerie Murat!"

Quelle: www.umweltinstitut.org

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