TH Köln entwickelt Konzepte für moderne Hochschulräume
Lehr- und Lernräume an Hochschulen sind häufig als physische Orte konzipiert und auf eine bestimmte Nutzung ausgerichtet – etwa als Seminarsaal, Computerpool oder Arbeitsraum. Diese Ausgestaltung entspricht nicht den Anforderungen moderner Lehre, die zunehmend flexibel, hybrid und interdisziplinär ist. Die TH Köln forscht daher an neuen multifunktionalen Raumkonzepten.
„Für die ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge der TH Köln konzipieren wir im Projekt REDiEE neue Lehr- und Lernsettings, die Kompetenzen in den sogenannten Future Skills wie Design Thinking, Innovation, Kooperation, Kommunikation und Digitalität ebenso vermitteln wie Fachwissen. Ein Teilaspekt davon ist die Gestaltung von Räumen, die diesen Anforderungen gerecht werden können und die Integration der entsprechenden Technik und Infrastruktur. Unser Motto ist dabei: Der Raum bestimmt das Denken. Das Denken bestimmt den Raum“, sagt Teilprojektleiter Tobias Scheeder von der Fakultät für Architektur der TH Köln.
Räume sollen mehrere Funktionen erfüllen
Zunächst definierte das Projektteam zehn Funktionen, die zukunftsorientierte Räume erfüllen müssen – etwa hybrides Teamwork vor Ort und über digitale Tools, fokussiertes Arbeiten, Aktivitäten in der virtuellen Realität oder handwerkliche Tätigkeiten in einer Werkstatt. Zudem entstand ein Farbkonzept, das aktivierende und beruhigende Elemente beinhaltet und einen Kontrast zur bisherigen relativ farbarmen Gestaltung der Hochschuleinrichtungen setzt.
„Die Ressource Raum ist extrem wertvoll, daher sollen all unsere Raumkonzepte mindestens zwei Funktionen vereinen. Darüber hinaus war es uns wichtig, physische, didaktische, soziale und digitale Aspekte zu berücksichtigen. Damit die Studierenden ihre Umgebung je nach Bedarf und Zweck selbst gestalten können, sind die neuen Einrichtungsgegenstände modular und beweglich“, erläutert Scheeder die Rahmenbedingungen.
Noch flexibler wird das Konzept dadurch, dass jeder physische Raum einen digitalen Zwilling haben soll, der ein übergangsloses Arbeiten ermöglicht. Virtuell zugeschaltete Studierende können so auf die gleiche Infrastruktur zugreifen und gleichberechtigt mit ihren vor Ort anwesenden Kommiliton*innen arbeiten. Im Mittelpunkt jedes neuen Lehr- und Lernraums steht dabei ein großes Multitouch-Display, das entweder als Tisch für die gemeinsame Arbeit an Skizzen, Dateien oder Boards oder als Bildschirm für Präsentationen dient.
Vorhandene Räume werden umgestaltet
Auf dieser Basis sind am Campus Deutz der TH Köln bislang vier neu gestaltete Räume entstanden: Ein bislang nur mit Tischen und Stühlen bestückter Gruppenarbeitsraum wurde um Multitouch-Displays, Loungemöbel mit Sichtschutz, mobile Stellwände, Hocker und bequeme Bürostühle ergänzt. Ein ähnliches Konzept wurde in einem Ausstellungsraum der Fakultät für Architektur umgesetzt, der nun vielfältiger nutzbar ist und eine bessere Akustik hat. Zudem entstand ein Raum für Augmented und Virtuelle Realität (AR und VR) mit diversen VR-Brillen, Multitouch-Display und einem großen Bildschirm, der die individuellen Erlebnisse im virtuellen Raum für alle Anwesenden sichtbar macht. In einem Computerpool wurden mehrere Multitouch-Displays ergänzt, so dass Einzel- und Gruppenarbeit in einem Raum möglich sind.
„Wir befinden uns aktuell kurz vor Ende der Projektlaufzeit. Die Konzeptphase ist abgeschlossen und die prototypische Umsetzung steht vor der Fertigstellung. Lieferschwierigkeiten haben dazu geführt, dass sich der Einbau der Mediensteuerung der Multitouch-Displays noch verzögert. Die sonstige Möblierung konnte aber weitgehend eingebaut werden und wir erleben bereits jetzt, dass die Studierenden länger vor Ort arbeiten und unser Konzept Gestaltungswillen freisetzt“, sagt Scheeder. Bis zum Abschluss des Vorhabens soll die Raumausstattung vervollständigt und der digitale Zwilling implementiert werden. Zudem stehen Schulungen der Lehrenden und die systematische Evaluation auf dem Programm.
Seine im bisherigen Projektverlauf erworbene Expertise bringt Scheeder seit Sommer 2023 in der Community of Practice „Zukunftsorientierte Lernräume“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft e.V. und der Dieter Schwarz Stiftung ein. Dabei handelt es sich um 15 Angehörige von deutschen Hochschulen, die gemeinsam Lösungsansätze und -konzepte weiterentwickeln möchten. Scheeder gehört dabei zu den zehn sogenannten Experts, die bereits Projekte umgesetzt haben, ihr Wissen teilen und fünf „Challenger“ unterstützen, die ihrerseits neue Konzepte umsetzen möchten und vor Herausforderungen stehen.
Über das Vorhaben
Das Projekt „Hybride Lernumgebungen“ ist Teil von „REDiEE – Ein neues Transfermodell für die Lehre“, das das Zentrum für Lehrentwicklung der TH Köln von August 2021 bis Juli 2024 in Kooperation mit Fakultäten umsetzt. Das Gesamtprojekt REDiEE steht dabei für „Roll-out, Empowerment, Design in Engineering Education“. Neben den neuartigen Räumen entstehen innovative Lehrkonzepte, die analoge und virtuelle Elemente verknüpfen sowie der modellhafte Bachelorstudiengang „Product Engineering & Context“ aus dem Bereich Maschinenbau. Das Gesamtprojekt wird von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre mit drei Millionen Euro gefördert.
Quelle: www.th-koeln.de
Abbildung: Hybrider Gruppenarbeitsplatz mit Multitouchdisplays ermöglicht kollaboratives Arbeiten oder macht individuelle Erlebnisse im virtuellen Raum für alle Anwesenden sichtbar. (Bild: Heike Fischer / TH Köln).