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Interview mit Franz Bahr

FranzBahr_vitaDich künstlerisch auszuleben, ist deine Veranlagung. Von innen heraus verspürst du das Bedürfnis, deine Arbeiten zu schaffen. Doch begonnen hat deine berufliche Laufbahn mit einer klassischen Lehre zum Maschinenschlosser. Was war der Grund dafür?
Ja das stimmt. Ich habe das Gefühl, ich muss das einfach künstlerisch bildend tätig sein. Diese Arbeit verlangt das letzte Hemd von mir, ob nun physisch, psychisch oder materiell. Ich mache das mit einer ungeheuren Leidenschaft, ansonsten hätte ich gar nicht die Kraft dazu, so etwas durchzuziehen. Nur war es so, dass meine Eltern nicht begeistert davon waren, als ich als Berufswunsch Künstler äußerte. Also erlernte ich erst einmal einen bodenständigen Beruf. Dort war die Affinität zum Metall schon zu sehen. Dadurch habe
ich die Fertigungsmethoden und Verarbeitungsmechanismen und das Element selbst kennen gelernt. Ich profitiere heute noch von meinen damaligen Erfahrungen.

Du hast ein neues Verfahren der „pneumatic sculptures“ entwickelt. Wie bist du darauf gekommen?
Das war in den Achtzigern und während dieser Zeit, kamen die Metallmöbel in die Wohnungen. Das war das, was mich auch ansprach und ich bekam Kontakt zu der Designgruppe Pentagon. In den Kölner Werkschulen konnte mich für ein Semester für den
Studiengang Metallbildhauerei einschreiben bei Prof. Anton Berger einschreiben. Da die Schule im Begriff war zu schließen, hatte ich die Werkstätten und das Atelier fast für mich allein.

Durch Experimentieren habe ich ein neues Herstellungsverfahren gesucht und mich diesem von der naturwissenschaftlichen und physikalischen Seite her genähert. Denn Schweißen und Schmieden war bekannt.
Ich habe überlegt, was geht eigentlich noch?

Daher probierte ich viel aus. Also kam ich eines Tages auf die Idee, was passiert wenn man zwei Objektplatten zusammenschweißt und dann Druckluft reingibt. So ist mein erstes Kissenartiges Objekt entstanden. Es war eine Überraschung.

Du stellst deine Methode in Verbindung mit der industriellen Entwicklung, angelehnt an das Buch von Marshall McLuhan „The medium is the Message“ . Kannst du uns das genauer erläutern?
Die Arbeitsweise, durch die, die pneumatic sculptures entstehen ist eng verknüpft mit dem, was heute rein technisch möglich ist. Marshall McLuhan hat den Begriff des globalen Dorfes geprägt.

Es geht hierbei um den Einfluss, den die Medien auf die Menschen und auf die Kultur haben. Gemeint sind dabei nicht nur Zeitung, Radio, Fernsehen, sondern vor allem das Umfeld. Es geht darum wie Flugzeug, Auto, Zug dazu beigetragen haben, dass man Entfernungen und Strecken anders wahr nimmt. Das Werk entstand, während das Mechanistische Zeitalter vom Elektrischen abgelöst wurde. Das Maschinenzeitalter begonnen hat. Damals funktionierte alles in einem Takt. Der Schwerpunkt lag auf der Masse eines Objektes. Es war die Epoche der Objektivität und der Prinzipien. Mit dem Einzug der Elektrizität fand ein großer Wandel statt. Durch die elektronische Datenübertragung schrumpfen Raum und Zeit zusammen, alles ist überall und gleichzeitig verfügbar. Radikale politische und kulturelle Bewegungen waren typische Begleiterscheinungen dieses Übergangs. Es war auch der Übergang zum Internet, was wie kein anderes Medium das „Global village“ verkörpert.

Nun treten wir in die Ära des Lichts ein. Das ist noch schneller. Bezeichnend hierfür ist die Berührungslosigkeit. Man braucht nicht mehr Hammer und Masse, um eine Skulptur zu gestalten. Sondern einfach nur Licht und Form. Der Laser schneidet und einzig die Hülle ist aus Masse. Im Inneren und Äußeren befindet sich nichts weiter als Luft.

Du hast aber vorerst die Metallbildhauerei ruhen lassen und Design und BWL studiert?
Ja und das war eine sehr schöne Zeit. Der Studiengang wurde gerade aufgebaut und somit gab es viele Aufgaben zu erledigen. Es mussten Professoren gefunden und Konzepte entwickelt werden.
Wir brauchten Ausstellungsräume und ein Cafe. Da haben wir alle mitgemacht. Zudem musste ich mich irgendwie ernähren, also habe ich gearbeitet und das Studium an sich mit seinen Anforderungen habe ich auch absolviert. Als Designer ist man bei Präsentationen immer wieder mit Betriebswirten konfrontiert. Es wurden immer wieder Fragen gestellt, die das Gestalterische überhaupt nicht betrafen.
Das gefiel mir nicht. Also sagte ich mir, dann studierst du einfach auch BWL, dann kann dir keiner mehr reinreden. Ich habe dies berufsbegleitend gemacht. Dadurch bekam ich Einblicke und wertvolle Kontakte im Bereich des Einkaufes von Metall. Denn diese Materialien bekommt man nicht im Künstlerbedarf. Von daher war das sehr nützlich für mich. Das nahm zu dieser Zeit mein Leben in Anspruch, so dass ich mich danach wieder mehr auf die künstlerische Arbeit konzentrieren konnte.

Seit 2006 hast die „pneumatic sculptures“ wieder verstärkt aufgegriffen und vorangetrieben. Wo und wie entstehen deine Werke?
Ich habe ein wunderschönes großes Atelier in einer Scheune auf einem restaurierten Gutshof. Da habe ich genug Platz und Licht. Es ist paradiesisch dort, wie eine Oase. Ich kann dort schalten und walten, wie ich es will.

Zu Beginn, habe ich eine Idee. Ich wähle das Material aus und lege ein Schnittmuster fest, nachdem ich eine Skizze erstelle. Danach wird dieses für den Computer verständlich programmiert, damit der Laser programmiert werden kann. Hier wird durch Licht also Metall geschnitten. Das hat den großen Vorteil, dass dies auf den Millimeter genau geschieht. Denn ich brauche ja zwei gleich große Teile, wobei ich keinen halben Millimeter
Abweichung gebrauchen kann. Darauf folgt der Schweißprozess, in dem ich diese zwei Metallbleche luftdicht verschließe. Es ist der meditativste Teil in der Herstellung. Das dauert ein paar Stunden und ich arbeite sehr genau. Bis hierhin ist der gesamte Prozess planbar.
Nun ist der sogenannte „genetic code“ durch die Materialauswahl und dessen Dicke mit den entsprechenden Toleranzen und unterschiedlichen Spannungen festgelegt. Dies beeinflusst, wie sich das Werk schlussendlich verformt. Der Herstellungsprozess ist quasi beendet. Jetzt kann eigentlich jeder das Objekt mit Druckluft aufpumpen und eine einzigartige Skulptur entsteht.

Die Unberechenbarkeit des Materials kommt hinzu und es ist immer wieder erstaunlich wie unterschiedlich sich die Elemente verformen.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Dass es der Kunst immer gut gehen wird, dass sie nicht verloren geht und mehr Aufmerksamkeit bekommt.

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