Dem Reformator auf der Spur: 727 Luther-Bildnisse erforscht und katalogisiert

Bild Wibke Ottweiler GNM NürnbergDer „Kritische Katalog der Luther-Bildnisse“ ordnet Werke aus der Zeit von 1519 bis 1530 ein

Die Bildnisse von Martin Luther sind bis heute weltweit bekannt. Insbesondere Lucas Cranach d. Ä. prägte zahlreiche Motive: Luther als frommer Mönch, als Junker Jörg, als Reformator oder als Ehemann gemeinsam mit seiner Frau Katharina von Bora. Um die Vielzahl dieser Bildnisse kritisch einzuordnen, haben das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und die TH Köln in den vergangenen vier Jahren insgesamt 727 Werke aus der Zeit zwischen 1519 und 1530 untersucht. Entstanden ist ein umfangreicher Katalog, der frei zugänglich und ab sofort online abrufbar ist.

Die Bedeutung Martin Luthers für die europäische Religions- und Kulturgeschichte ist unbestritten. Während seine Schriften vollständig gesammelt sind, wurden die für seine Wirkungsgeschichte fast ebenso wichtigen Porträts bislang nicht systematisch erschlossen. „Das erschwerte die Einordnung,“ sagt Prof. Dr. Gunnar Heydenreich vom Cologne Institute of Conservation Sciences (CICS) der TH Köln. „Sind sie authentisch oder Zeichen einer nachträglichen Heroisierung? Mit dem Kritischen Katalog der Luther-Bildnisse, kurz KKL, haben wir nun erstmals ein Instrument zur kunst- und reformationshistorischen Beurteilung dieser wichtigen Bildbestände entwickelt, mit dem diese Fragen beantwortet werden können.“

Wichtiger Baustein für die künftige Luther-Forschung

In dem interdisziplinären Projektteam haben Forschende aus den Bereichen Kunstgeschichte, Kunsttechnologie, Reformationsgeschichte und digitale Mustererkennung zusammengearbeitet. Mit Hilfe von kunsttechnologischen und naturwissenschaftlichen Analyseverfahren wurden insgesamt 641 Druckerzeugnisse und 86 Gemälde untersucht, digitalisiert, erschlossen und unter Anwendung neuester Ansätze der Mustererkennung ausgewertet. Aufgrund der innovativen Verbindung geisteswissenschaftlicher, naturwissenschaftlicher und informationstechnologischer Methoden und Fragestellungen wurde das Forschungsvorhaben von der Leibniz-Gemeinschaft gefördert.

Aus den interdisziplinären Untersuchungen ist nun ein umfangreiches Bildnisverzeichnis entstanden. Dieses bietet einen Überblick über den bisherigen Forschungsstand und die Ergebnisse des Projekts. „Die einzelnen Datensätze ermöglichen es etwa, hochauflösende Bilddateien von Gemälden direkt miteinander oder beispielsweise mit Infrarotreflektogrammen zu vergleichen. Dadurch können der Werkprozess sowie Gemeinsamkeiten und Abweichungen zwischen einzelnen Werken nachvollzogen werden – zum Beispiel die verschiedenen Arbeitsschritte des Herstellungsprozesses oder nachträgliche Überarbeitungen. Aber auch Spuren durch Alterung oder Restaurierungen sind erkennbar“, so Wibke Ottweiler vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.

Zahlreiche Querverweise lassen Rückschlüsse auf die Authentizität der Bilder und damit auch auf ihren reformationsgeschichtlichen Quellenwert zu. „Der KKL zeigt zum Beispiel, dass – entgegen der Vermutung in der neuesten Forschung – gerade berühmte Bildnisse wie ,Luther als Junker Jörg‘ keine nachträgliche historische Inszenierung des Reformators aus späterer Zeit sind. Vielmehr stammen sie aus den frühen Jahren der Reformation um 1522“, erklärt Daniel Görres vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Das untermauere die Bedeutung der frühen Bildnisse Martin Luthers.

Verzeichnis ist eingebettet in das Cranach Digital Archive


Der „Kritische Katalog der Luther-Bildnisse (1519 – 1530)“ wird auf den Seiten des Cranach Digital Archive (CDA) zur Verfügung gestellt. Das CDA ist eine Initiative des Kunstpalasts Düsseldorf und der TH Köln mit rund 350 Museen, Forschungseinrichtungen und Kirchengemeinden in 35 Ländern. Das Forschungsverbundprojekt widmet sich seit 2009 der digitalen Erschließung und Erforschung der Werke Lucas Cranachs d. Ä., eines der bedeutendsten Maler der deutschen Renaissance.

„Für die Wissenschaft bieten sowohl der Kritische Katalog der Luther-Bildnisse als auch das Cranach Digital Archive eine internetbasierte Infrastruktur zum wissenschaftlichen Austausch und zur weitergehenden Forschung. Gleichzeitig ermöglichen es beide Plattformen aber auch der Öffentlichkeit, die Bildnisse unter die Lupe zu nehmen – und das in einer nie dagewesenen Tiefe“, sagt Heydenreich.

Das Vorhaben


Den Katalog haben das Cologne Institute of Conservation Sciences (CICS) und das Advanced Media Institute der TH Köln, das Germanische Nationalmuseum (GNM) und sein Institut für Kunsttechnik und Konservierung (IKK) in Nürnberg sowie die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gemeinsam entwickelt. Projektverantwortliche waren der Kunsthistoriker Prof. Dr. Daniel Hess (GNM), der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Anselm Schubert (FAU), der Leiter des Cranach Digital Archive Prof. Dr. Gunnar Heydenreich (CICS), der Leiter des IKK, Oliver Mack (GNM), sowie der Informatiker Prof. Dr. Andreas Maier (FAU). Das Vorhaben wurde über einen Zeitraum von vier Jahren von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen der Förderlinie Kooperative Exzellenz gefördert.

Kritischer Katalog der Luther-Bildnisse 1519 – 1530 (KKL):

Deutsch: https://lucascranach.org/de/luther
Englisch: https://lucascranach.org/en/luther

Quelle: www.th-koeln.de
Abbildung: Übereinstimmende Gesichtskonturen zwischen den „Junker-Jörg“-Gemälden und dem Holzschnitt-Bildnis „Junker Jörg“ lassen auf die Verwendung einer gemeinsamen Vorlage schließen. (Bild: Wibke Ottweiler / GNM Nürnberg)

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku

Transparenz über die


BVA LogoDas Bundesverwaltungsamt hat die erste Version der Registerlandkarte in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt entwickelt und unter www.registerlandkarte.de öffentlich zugänglich gemacht. Sie stellt eine wichtige Grundlage für Vorhaben im Ber...


weiterlesen...

Geißbock Hennes IX. zu Gast bei


270426 Eröffnung Wiessgarten Maybach Geißbock Hennes IX    Foto P. Brohl honorarfreiKöln, 29. April 2024 – Im Herzen von Köln eröffnete das Maybach den ersten Wiessgarten. Das Areal im Innenhof des Kultlokals gehört zu den größten Biergärten in Köln und ist eine grüne Oase mitten in der Stadt. 

Im Mittelpunkt steht das Wiess, das...


weiterlesen...

Wahl-O-Mat zur Europawahl geht online


wahl o matInteraktives Informationsangebot der Bundeszentrale für politische Bildung seit 7. Mai 2024 online // Im Netz unter www.wahl-o-mat.de sowie als

"Schon den Wahl-O-Mat gespielt", unter diesem Motto geht heute das beliebte Online-Angebot der Bundesze...


weiterlesen...

Jane's Walk am 05. Mai 2024


janes walk kölnGemeinsam die Nachbarschaft entdecken und Stadtleben erleben!

Am 5. Mai um 13:00 Uhr laden RADKOMM e.V. und FUSS e.V. Köln zu einem Jane's Walk nach Ehrenfeld ein. Unter dem Motto „Co-Walking in Ehrenfeld" haben Interessierte die Möglichkeit, geme...


weiterlesen...

Köln-Niehl/Riehl: Gesamtinstandsetzung


stadt Koeln LogoIm Zuge der Gesamtinstandsetzung der Mülheimer Brücke arbeitet die Stadt Köln auf dem Brückenzug oberhalb des Kuhweg im Bereich der linksrheinischen Deichbrücke. Die zusammengeschweißten Brückensegmente des neuen Überbaus werden auf die bereits er...


weiterlesen...

Motivierte Läufer:innen sorgen für


Firmenlauf Koln Kreativ Christian SchulzeMit strahlenden Gesichtern und voller Energie machten sich 3.440 Läufer:innen bereit und verwandelten bei der fünfzehnten Auflage des Firmenlauf Köln den Fühlinger See in ein farbenfrohes Sportgelände. Gut gelaunt begaben sie sich auf die 5 km-Lau...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop