HIER UND JETZT im Museum Ludwig zusammen dafür und dagegen 13. November 2021 – 13. Februar 2022

hier und jetzt Museum Ludwig KoelnMit der Ausstellung zusammen dafür und dagegen konzentriert sich das Museum Ludwig auf Positionen zeitgenössischer Kunst in Japan und ihre historischen Vorläufer*innen. Ein Ausgangspunkt ist dabei die Betrachtung der Japanischen Avantgarde der 1960er Jahre aus heutigen Perspektiven. Auf welche Entwicklungen der Nachkriegszeit reagierten Künstler*innen damals? Was motivierte ihre aufsehenerregenden öffentlichen Aktionen? Was bewegt das Künstler*innenkollektiv Chim↑Pom und den Künstler Koki Tanaka heute, und wie beziehen sie sich auf diese historische Strömung?

Eine Leihgabe historischer Fotografien von Minoru Hirata ist Ausgangspunkt der siebten Ausstellung der Projektreihe HIER UND JETZT im Museum Ludwig. Diese stammen aus der Sammlung des Museum M+ in Hongkong, mit dem das Museum Ludwig seit 2018 eine Museumspartnerschaft pflegt. Yilmaz Dziewior: „Durch die Leihgabe des M+ in Hongkong wird deutlich, dass ostasiatische Perspektiven bislang kaum in der Sammlung des Museum Ludwig vertreten sind.“

Die Japanische Avantgarde der Nachkriegszeit entstand im Anschluss an die Besatzung der US-amerikanischen Armee (1945 bis 1952) und ist eng verknüpft mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Neuorientierung Japans in dieser Zeit. Die Demokratisierung des Landes unter dem finanziellen und politischen Einfluss der USA ging mit einem großen ökonomischen Wachstum, sozialen Veränderungen und einer kulturellen Neuverortung einher. Wie eng die Bindung Japans an die USA war, zeigt sich in den beiden Sicherheitsverträgen von 1960 und 1970. Darin wurde unter anderem die Stationierung der US-amerikanischen Armee festgelegt, die vor allem bei Student*innen und Gewerkschaften auf großen Protest stieß. Die Polizei reagierte hierauf mit heftiger Gewalt. Im gleichen Jahrzehnt bereitete sich Japan auf die Olympischen Spiele in Tokio 1964 und die Expo in Osaka 1970 vor, um das Land möglichst innovativ und attraktiv zu präsentieren.

Auf die gesellschaftlichen Veränderungen der 1960er-Jahre reagierten junge Künstler*innen – unter anderem die Mitglieder der Kollektive Neo Dada, Hi Red Center und Zero Dimension – mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten in Großstädten wie Tokio, Nagoya und Kyoto. In ihren provokanten Aktionen manifestierte sich der Protest an historisch gewachsenen Problemen, denn die Folgen des Krieges waren weitreichend: die Stationierung der US-amerikanischen Armee in Japan, Benachteiligungen gegenüber Migrant*innen und die Ungerechtigkeiten der Klassengesellschaft. Die Künstler*innen brachten diese Missstände ans Licht und setzten sich für eine Demokratisierung ein. Die historischen Fotografien aus dem M+ dokumentieren die Aktionen und Performances verschiedener Künstler*innen-Kollektive der 1960er Jahre.

Zwei zeitgenössische Positionen sind diesen gegenübergestellt. Einerseits wird das 2005 in Tokio gegründete, sechsköpfige Künstler*innenkollektiv Chim↑Pom auf humorvolle Weise intervenieren. Ihre Aktionen finden oft außerhalb institutioneller Einrichtungen statt. In ihren ironisch-radikalen Aktivitäten nehmen die sechs Künstler*innen Stellung zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen und üben Kritik an der Tabuisierung von den Gefahren der Kernkraft, Armut und anderen gesellschaftlichen Missverhältnissen in Japan. Unter dem Titel Double Stories of Museum Ludwig entwickelt das Kollektiv in Köln eine mehrteilige Arbeit, die verschiedene Austauschprozesse zwischen Innen- und Außenraum ermöglicht. Spontan angefragte Straßenmusiker*innen geben im Museum Ludwig zur Eröffnung ein Konzert. Die Motive aus Hans Haackes Der Pralinenmeister (1981) aus der Sammlung des Museum Ludwig finden sich auf Verpackungen türkischer Süßigkeiten in einem Backwarenladen auf der Keupstraße in Mülheim wieder.

Im Gegensatz zu den unmittelbar vor Ort entwickelten interaktiven Projekten vom Chim↑Pom, plant der Künstler Koki Tanaka (*1975 in Tochigi) seine Arbeiten von langer Hand. Bewusst bringt er Personen unterschiedlicher Generationen und Herkunft zusammen. Häufig dokumentiert und verarbeitet Tanaka die Prozesse der Zusammenarbeit in Form von Foto- und Videoinstallationen. Nicht erst seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima kreisen seine Arbeiten um das Verhalten von Gemeinschaften in Ausnahmesituationen. Wie entwickeln Menschen durch das Verlassen ihrer erprobten Routinen Potentiale des Widerständigen? Die Videoinstallation Abstracted / Family (2019/2020) thematisiert japanische Migrationsgeschichte und den Alltagsrassimus in Japan. Vier Protagonist*innen aus Japan, deren Familien aus Bangladesch, Brasilien, Bolivien und der koreanischen Halbinsel stammen, verarbeiten darin gemeinsam ihre traumatischen Erfahrungen.

Die Ausstellung wurde von Nana Tazuke-Steiniger im Rahmen ihres Forschungsvolontariats Kunstmuseen NRW der Landesregierung Nordrhein-Westfalen entwickelt. Innerhalb dessen kamen sechs junge Wissenschaftlerinnen aus NRW zusammen und gründeten eine Initiative zum Thema „Das Museum der Zukunft“. In der Ausstellung wird ein Manifest dieser Initiative veröffentlicht, das sich mit einer zukünftigen Vision und den Herausforderungen von Museen widmet. Dieses wird ebenso im Ausstellungskatalog publiziert, der zum Ende der Ausstellung erscheinen wird.

Die Ausstellung wird substanziell unterstützt von der Fördergruppe HIER UND JETZT aus dem Kreis der Mitglieder der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig e. V. und der Stiftung Storch. Sie wird zusätzlich durch die Pola Art Foundation gefördert.

HIER UND JETZT im Museum Ludwig
zusammen dafür und dagegen
13. November 2021 – 13. Februar 2022

Eröffnung: Freitag, 12 November, 19 Uhr

Künstler*innen: Chim↑Pom, Koki Tanaka
Mit Fotografien von Minoru Hirata aus der Sammlung des M+:
Aktionen der Künstler*innenkollektive Hi Red Center, Sightseeing Art Research Institute, Kurohata, Zero Dimension sowie die Künstler Ushio Shinohara und Kanji Itoi (1963–1969)

Web und Social Media      
Zur Ausstellung kommuniziert das Museum Ludwig auf seinen Social-Media-Kanälen mit den Hashtags #HIERUNDJETZT #HEREANDNOW #dafuerunddagegen
Facebook/Instagram/Twitter/Vimeo: @MuseumLudwig – www.museum-ludwig.de

Bildcredits (v.l.n.r.)

Chim↑Pom, LOVE IS OVER, 2014, Foto: Kishin Shinoyama, courtesy of the artists, ANOMALY and MUJIN-TO Production, Â© Chim↑Pom

Koki Tanaka, ABSTRACTED/FAMILY, 2019, Courtesy of Koki Tanaka, Vitamin Creative Space, Guangzhou, Aoyama Meguro, Tokyo, © Koki Tanaka

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Event-Tipp

20.06.2024 Suchtpotenzial mit "Bällebad


suchtpotenzial1

10 Jahre Suchtpotenzial, das sind 10 Jahre "Titten, Tasten, Temperamente"!

Auf Tour mit der Deutschen Bahn, digitale Shitstorms und dazu noch Spliss, diese beiden Frauen haben wirklich einiges durchgemacht. 

Dennoch rocken die Musik-Comedy-Queens...


weiterlesen...

Neuer "Volksbühnenpreis für


Volksbühnenpreis für Theaterliteratur Aufführung des Siegerstücks im Grillo Theater Essen c Bernadette GrimmensteinKöln, 13. Juni 2024. Um Nachwuchsautor:innen im deutschsprachigen Raum umfassend und praxisnah beim Start ins Berufsleben zu unterstützen, vergibt der Bund Deutscher Volksbühnen (BDV) erstmals den „Volksbühnenpreis für Theaterliteratur“. Er richte...


weiterlesen...

Komplexe Fragen, tiefgreifende Diskurse


phil.COLOGNE2024 Rosa MauHieronymus Ronneper lowresAm heutigen Dienstag geht die zwölfte phil.COLOGNE nach acht erfolgreichen Festivaltagen zu Ende. Insgesamt 21.000 Menschen besuchten die erneut rund 60 Veranstaltungen des internationalen Philosophiefestivals in Köln, darunter 4.000 Schüler:innen...


weiterlesen...

The Most Wuthering Heights Day Ever -


Stephan Hellweg Kate Bush 728x546Das internationale Event "The Most Wuthering Heights Day Ever" wird zum dritten Mal am Sonntag, den 28.7.2024 am Aachener Weiher in Köln stattfinden und verspricht ein farbenfrohes und unterhaltsames Erlebnis für alle Teilnehmer und Zuschauer zu w...


weiterlesen...

28.06.2024 »ifs-Begegnung« Edimotion


sans soleilAls einer der herausragendsten Essayfilme der Filmgeschichte gibt »Sans Soleil / Unsichtbare Sonne« seinen Zuschauer*innen auch beim zweiten und dritten Sehen noch neue Entdeckungen, Assoziationen und Rätsel mit auf den Weg.

Aus einer umfangreich...


weiterlesen...

Kölner Arbeits- und Recherchestipendien


stadt Koeln LogoKünstlerische Vorhaben von 13 Künstler*innen und zwei Kurator*innen erhalten

Im Mai fand die Jurysitzung zur Vergabe der altersunabhängigen Recherche- und Arbeitsstipendien im Bereich "Bildende Kunst" 2024 statt. Diese Stipendien ermöglichen es pr...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.