Pestizide in Bordeaux-Wein: Französische Umweltschützerin vor Gericht

umweltAm kommenden Donnerstag, den 17.12.2021, beginnt der Prozess gegen die französische Umweltschützerin Valérie Murat. Sie hatte Pestizidrückstände in Weinen von über zwanzig Weingütern im Bordelais nachweisen können, die mit einem Label für besonders umweltfreundlichen Anbau (Haute Valeur Environnementale) ausgezeichnet sind. Gefunden wurden Rückstände von bis zu 15 Wirkstoffen pro Flasche. Für die Veröffentlichung der Messwerte steht sie nun vor Gericht. Der Branchenverband für Bordeaux-Weine (Conseil Interprofessionnel du Vin de Bordeaux) verlangt von der ehrenamtlichen Aktivistin eine Löschung der Veröffentlichung sowie 100.000€ Schadenersatz und weitere Zahlungen an einzelne Weingüter.

München, 15.12.2020. „Mit diesen völlig übertriebenen Forderungen will der Verband mich einschüchtern und persönlich vernichten. Das zeigt, wie sehr sie sich davor fürchten, dass ihre toxischen Praktiken öffentlich werden“, beschreibt Murat ihre Situation. Die 47-jährige Umweltaktivistin kämpft seit 2016 mit der lokalen Initiative „Alerte aux Toxiques!“  gegen den hohen Pestizideinsatz in der weltbekannten Weinbauregion. Kurz zuvor war ihr Vater, selbst Winzer, an einer höchstwahrscheinlich pestizidbedingten Krebserkrankung verstorben, die von den landwirtschaftlichen Sozialversicherungen als Berufskrankheit anerkannt ist.

„Der Wirtschaftsverband der Bordeaux-Weine missbraucht die Justiz, um eine lokale Initiative von Betroffenen zum Schweigen zu bringen. Doch die europäische Umweltbewegung lässt sich davon nicht einschüchtern. Wir stehen fest an der Seite von Valérie Murat und werden sie in diesem Kampf nach Kräften unterstützen“, kündigt Karl Bär, Referent für Agrarpolitik beim Umweltinstitut München an. Bär selbst steht in einem Strafverfahren in Bozen vor Gericht, weil er den hohen Pestizideinsatz im Südtiroler Apfelanbau kritisiert hatte. „Ein Blick nach Südtirol sollte den klagenden französischen Weinproduzent:innen zeigen, dass ihre Strategie, unerwünschte Kritik durch Klagen zu unterdrücken, genau das Gegenteil bewirken wird. Denn dank des dortigen Prozesses gegen das Umweltinstitut wissen nun mehr Menschen als je zuvor, dass Südtirol ein Pestizidproblem hat“, erklärt Bär.

Die Prozesse gegen Murat in Frankreich und Bär in Italien sind Beispiele für sogenannte SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuit Against Public Participation). Diese unverhältnismäßigen Klagen werden von mächtigen Akteur:innen (zum Beispiel Unternehmen, Beamt:innen in privater Eigenschaft oder hochrangigen Personen) angestrengt, um diejenigen einzuschüchtern oder zum Schweigen zu bringen, die im öffentlichen Interesse Missstände benennen. Typische Opfer sind Journalist:innen, Aktivist:innen oder Wissenschaftler:innen. Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, stuft die Klage gegen Karl Bär als Missbrauch der Justiz ein und führte diese in einem Kommentar als Beispiel für SLAPP-Klagen auf.

Als Gefahr für die Demokratie haben es SLAPPs inzwischen auch in das Arbeitsprogramm der EU-Kommission geschafft. Obwohl eine mit der Whistleblower-Directive vergleichbare EU-Richtlinie gegen diese Form des Justizmissbrauchs dringend nötig wäre, plant die Kommission vorerst jedoch nur eine Machbarkeitsstudie. In einem stetig wachsenden Bündnis organisiert die europäische Zivilgesellschaft sich nun, um für die Einführung einer entsprechenden EU-Richtlinie zu streiten. 

Quelle: www.umweltinstitut.org

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