Ehrenfelder Veedelskneipe Neumann wechselte den Besitzer
Interview mit Michael Neelen, einem Zeitzeugen der Kölner Gastronomie
Ehrenfeld. Die Veedelskneipe Neumann auf der Subbelrather Straße 159 in Ehrenfeld stand 13 Jahre unter der Führung des erfahrenen Gastronomen Michael Neelen. Zum Jahreswechsel gab es einen Inhaber-Wechsel. Im Interview mit unserer Redakteurin Regina Nußbaum gibt Michael Neelen Einblicke in seine jahrzehntelangen Branchenkenntnisse.
Regina Nußbaum: „Wie und wann kamst du zur Gastronomie?"
Michael Neelen: „Meinen ersten Laden habe ich 1984 in Brühl aufgemacht. Dort gab es damals nichts, außer einer Kneipe für junge Leute. Als das Ladenlokal einer netten kleinen Galerie dann frei wurde, haben ich und meine damalige Freundin, uns an die Umgestaltung dieses Ladens gemacht. Es entstand ein schöner kleiner Laden, in dem wir Ausstellungen machten und Konzerte veranstalteten. Das war ein voller Erfolg. Ich habe heute noch Kontakt zu einer der Frauen, die zu Beginn ausstellten, sie wohnt inzwischen in Ehrenfeld.
Dann entschied sich meine Freundin nach Köln zu ziehen und Brühl wurde schnell zu klein für mich. Als ich dann von einem meiner Stammgäste erfuhr, das in Köln Sülz für eine Kneipe ein Nachfolger gesucht wurde, habe ich mich dahinter geklemmt und auch da mit der Renovierung bekommen. Zur Seite stand mir damals Rainer Maria Latzke, der das Wirtshaus Demmer auf der Zülpicher Straße mit seinen Wand- und Deckengemälden zu dem machte, was es dann wurde.
Aber auch Sülz wurde mir irgendwann zu klein. Als die Peters-Brauerei niemanden fand, der das heutige Hemmer betreiben wollte, stand ich Gewehr bei Fuß. Gewehr deshalb, weil Ehrenfeld damals ein wirklich heißes Pflaster war und einige meiner Boxkumpelsmir zur Seite stehen mussten. Die Kellner wurden zu diesem Zeitpunkt auch nach Größe und Fitness eingestellt.
Zur damaligen Zeit war das Ladenlokal besetzt und es dauerte einige Zeit, bevor wir mit den Sanierungsarbeiten beginnen konnten. Auch hier halfen zwei Künstlerinnen mit großformatigen Gemälden bei der Gestaltung des Raumes. Das Neumann war dann die Antwort auf das Nichtraucherschutzgesetz für die Stammgäste vom Hemmer. Mein Bruder Klaus ist von Beruf Grafiker. Er unterstütze mich bei der Gestaltung aller meiner Läden.
Regina Nußbaum: "Was waren rückblickend deine eindrucksvollsten Erlebnisse in deiner Zeit als Gastronom?"
Michael Neelen: „Sehr schön waren über all die Jahre, der Kontakt zu den unterschiedlichsten Gästen und Kollegen, seien es Künstler, Normalos, alt oder jung.
Schön waren all die Veranstaltungen mit berühmten und unberühmten Künstlern.
Sehr schön waren unsere vielen Betriebsausflüge, mit der Straßenbahn, dem Schiff oder dem Kajak.“
Regina Nußbaum: "Welche Rolle spielt eine Veedelskneipe aus deiner Sicht im sozialen Gefüge der Stadt?"
Michael Neelen: „Leider verschwinden Veedelskneipen zunehmend aus den Vierteln. Die älteren Leute sterben weg, die jüngeren nehmen anders Kontakt zueinander auf. Wer kennt sie nicht, diese Gruppen auf ein Smartphone stierender junger Leute?“
Regina Nußbaum: "Hat sich die Gastronomie deiner Einschätzung nach bereits von der Corona-Krise erholt?"
Michael Neelen: „Corona hat sein Übriges dazu getan, das Verhalten der Menschen zu ändern. Die digitale Welt verändert das Leben. Erholt hat sich die Gastro nicht nach Corona und wird es wohl auch nicht. Die Bedingungen werden immer schlechter:
Mindestlöhne, Energiekosten, Mehrwertsteuer-Erhöhung und anderes.“
Regina Nußbaum: „Welche Tipps gibst du als erfahrener Gastronom künftigen Kollegen?"
Michael Neelen: „Man kann Neueinsteigern, neben Charisma und Empathie, nur sehr viel Geduld und Glück wünschen.“
Regina Nußbaum: „Vielen Dank für das Gespräch.“
Foto + Text: ©Regina Nußbaum