Sechs gute Gründe gegen die Wiederzulassung von Glyphosat
München, 3. Juli 2023. Das Umweltinstitut München warnt angesichts der anstehenden Neubewertung von Glyphosat durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vor den Gefahren des Unkrautvernichters. Die EU-weite Zulassung von Glyphosat läuft Ende 2023 aus. Ob der Unkrautvernichter für weitere zehn bis 15 Jahre verwendet werden darf, entscheiden die europäischen Mitgliedsstaaten im Laufe des Jahres. Sie stützen sich bei dieser Entscheidung auf die Schlussfolgerungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Diese stellt ihre Neubewertung von Glyphosat voraussichtlich am 6. Juli vor.
Dazu Sophia Guttenberger, Referentin für Landwirtschaft am Umweltinstitut München: “Wenn die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre ernst nimmt, so kann sie nur zu einem Schluss kommen: Glyphosat ist gefährlich – für unsere Umwelt und für unsere eigene Gesundheit. Das beweisen immer mehr Studien. Für das Umweltinstitut ist daher klar: Glyphosat muss endlich verboten werden.”
- Glyphosat gefährdet die Artenvielfalt
Der Einsatz von Glyphosat treibt das ohnehin immer schneller fortschreitende Artensterben und den Verlust ganzer Ökosysteme voran. Denn das Totalherbizid tötet nicht nur bestimmte Unkräuter ab, sondern auch jede grüne Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie den Gifteinsatz übersteht. Insekten finden deshalb weniger Nahrung, worunter insektenfressende Tiere wie Vögel oder Fledermäuse leiden. Studien belegen, dass Glyphosat auch ganz direkt toxisch wirkt: auf Insekten wie Bienen oder Florfliegen, auf Bodenlebewesen wie Regenwürmer und auf Wasserlebewesen wie Froschlurche und andere Amphibien. - Glyphosat gefährdet die Gesundheit
Bereits im Jahr 2015 stufte die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ ein. Seither bestätigen zahlreiche Studien die krebserregende Wirkung des Unkrautvernichters. Ein Zusammenhang zwischen Glyphosat und Schädigungen des Nervensystems und neurologischen Erkrankungen wie Parkinson konnte ebenso gezeigt werden wie zwischen einer Glyphosat-Exposition und Leber- und Stoffwechselerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Auch steht Glyphosat im Verdacht, das Hormonsystem und die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen. - Glyphosat gelangt in unseren Körper
Über Rückstände auf Lebensmitteln wie Brot, Mehl, Haferflocken und Nudeln gelangt Glyphosat in unseren Körper. Auch in den beliebtesten Bieren Deutschlands fand das Umweltinstitut bereits Glyphosat. Über die Atemluft kann Glyphosat in den menschlichen Körper geraten. Eine aktuelle Veröffentlichung des Umweltbundesamts zur Schadstoffbelastung der Bevölkerung zeigt, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland mit einer Vielzahl an Schadstoffen belastet sind, darunter auch Glyphosat. In der Hälfte der untersuchten Urinproben wurde das Ackergift gefunden. - Glyphosat verbreitet sich über die Luft
Glyphosat verbreitet sich an Staubkörnern haftend unkontrolliert durch die Luft und kann so die Umwelt und die menschliche Gesundheit auch weit entfernt der Ausbringungsorte schädigen. Das Umweltinstitut hat dies in einem deutschlandweiten Messprojekt zur Verbreitung von Pestiziden in der Luft nachgewiesen. Glyphosat-Rückstände wurden sogar auf dem Brocken, dem höchsten Berg im Nationalpark Harz, oder mitten im Nationalpark Bayerischer Wald gefunden. - Glyphosat ist das am häufigsten eingesetzte Pflanzengift
Kein anderes Pestizid wird so viel verwendet wie Glyphosat. Jährlich werden in Deutschland knapp 4100 Tonnen verkauft (Stand 2021), in Europa schätzungsweise fast 50.000 Tonnen (Stand 2017). Die Hersteller von Glyphosat, wie die Firma Bayer-Monsanto, verdienen viel Geld mit dem Verkauf von Glyphosat: Für das Jahr 2030 wird ein globaler Umsatz von 10,6 Milliarden US-Dollar für den Glyphosat-Markt prognostiziert. Entsprechend kritisch sind von der Pestizid-Industrie in Auftrag gegebene Studien zu sehen, die die Ungefährlichkeit von Glyphosat beweisen sollen. Eine Untersuchung der Stockholm University hat kürzlich gezeigt, dass Konzerne wie Syngenta und Bayer in Zulassungsverfahren Studien zurückgehalten haben, die Entwicklungsstörungen bei Föten und Kindern nachwiesen. - Es geht auch ohne Glyphosat
Schon seit vielen Jahrzehnten beweist die ökologische Landwirtschaft, dass es gute Alternativen zu Glyphosat gibt. Unkraut kann beispielsweise in Schach gehalten werden, indem man die Fruchtfolge abwechselt. Eine vielfältige Fruchtfolge bietet auch einen besseren Schutz vor Krankheiten und Schädlingen und verbessert die Bodenqualität.Tiere auf der Weide zu halten, ist ebenfalls eine wertvolle ökologische Methode, um Unkraut zu bekämpfen.
Das Umweltinstitut fordert gemeinsam mit anderen Organisationen in einer Online-Petition die deutsche Bundesregierung dazu auf, im zuständigen EU-Ausschuss gegen die Wiederzulassung von Glyphosat zu stimmen. Bisher beteiligten sich fast 60.000 Menschen.
Quelle: www.umweltinstitut.org