Umweltinstitut München kritisiert Genehmigung für Klimakiller Sulfurylfluorid
München, 17. Juli 2023. Die EU hat mit Zustimmung der Bundesregierung beschlossen, die Genehmigung für das extrem klimaschädliche Pestizid Sulfurylfluorid (SF) für weitere drei Jahre zu verlängern. SF wird beim Export von Holzstämmen in Überseecontainern eingesetzt und ist etwa 5000 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid. Weil in den letzten Jahren wegen Dürre und Insektenbefall mehr Schadholz anfiel und exportiert wurde, ist der Einsatz von SF drastisch gestiegen. Das Umweltinstitut kritisiert, dass die extrem gestiegenen Emissionen bei der Verlängerung nicht berücksichtigt wurden.
Am Mittwoch fällte der Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel der Europäischen Union (Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed, SCoPAFF) einstimmig die Entscheidung, das Pestizid Sulfurylfluorid für weitere drei Jahre zuzulassen. Ursprünglich lief die Genehmigung des klimaschädlichen Wirkstoffs bereits im Jahr 2020 aus. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde die Genehmigung um drei Jahre verlängert, ohne dass es – wie im EU-Zulassungsprozess von Pestizidwirkstoffen eigentlich vorgesehen – eine ausführliche wissenschaftliche Neubewertung der Risiken gab. Vor allem wegen der Klimaschädlichkeit des Wirkstoffs hatte das Umweltinstitut die Bundesregierung im Vorfeld der Abstimmung aufgefordert, sich für ein Verbot von Sulfurylfluorid einzusetzen.
Mit Sulfurylfluorid werden vor allem Holzstämme vor dem Export begast, um sie von Insekten zu befreien, die in den Importländern Schaden anrichten könnten. Der Wirkstoff hat laut dem 6. Sachstandsbericht des IPCC ein Treibhauspotenzial, das über den Zeitraum von 100 Jahren 4630 Mal höher ist als das von CO2, auf 20 Jahre betrachtet ist es sogar 7510 Mal so klimawirksam wie CO2. Die Emissionen von Sulfurylfluorid allein im Hamburger Hafen summierten sich in den letzten drei Jahren auf rund drei Millionen Tonnen CO2. Das ist mehr als die jährlichen Treibhausgasemissionen des innerdeutschen Flugverkehrs.
Teufelskreis aus Waldsterben und Klimagift
Bei der ursprünglichen Zulassung in Deutschland im Jahr 2007 ging das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel von einer so geringfügigen Anwendungsmenge aus, dass der Beitrag zum Treibhauseffekt zu vernachlässigen sei.[1] Durch Hitzewellen, Dürre und verstärkten Schädlingsbefall sind allerdings in den letzten Jahren große Waldflächen abgeholzt worden, die Holzexporte sind gestiegen. Dadurch hat der Einsatz von Sulfurylfluorid stark zugenommen. Im Hamburger Hafen wurden 2015 noch 17 Tonnen angewendet, 2020 waren es 230 Tonnen – der Einsatz hat sich also fast vervierzehnfacht.[2]
„Es ist ignorant, dass die Bundesregierung und die übrigen EU-Mitgliedstaaten nicht darauf reagiert haben, dass Sulfurylfluorid inzwischen in viel größeren Mengen eingesetzt wird als bei der ursprünglichen Genehmigung“, erklärt Antonia Messerschmitt, Waldexpertin am Umweltinstitut München. „Einen so klimaschädlichen Wirkstoff ohne wissenschaftliche Neubewertung gleich für drei Jahre weiter zuzulassen, ist unverantwortlich.“
Das Umweltinstitut München fordert ein Verbot von Sulfurylfluorid. Es verweist auf Alternativen: Der Hauptimporteur von deutschem Stammholz, China, akzeptiert auch die alternativen Behandlungsmethoden der Entrindung, Wärme- und Unterwasserbehandlung.