Umweltinstitut: Deutschland bekommt ein weichgespültes Energieeffizienzgesetz

umweltinstitut orgMünchen, 21. September 2023. Am heutigen Donnerstag hat der Bundestag das lange diskutierte Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz verabschiedet. Das Umweltinstitut München kritisiert, dass vom ursprünglichen, teilweise ambitionierten Energieeffizienzgesetz nur noch eine Hülle geblieben ist: Wichtige Ziele wurden geschwächt oder entfernt, wirksame Maßnahmen sind im Gesetz kaum mehr vorhanden.

Ein Kommentar von Dr. Leonard Burtscher, Referent für Klima- und Energiepolitik am Umweltinstitut:

Das Umweltinstitut München begrüßt, dass das vor über elf Monaten beschlossene Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz nun endlich vom Bundestag verabschiedet worden ist. Von einem “ambitionierten” Gesetz, wie von Kanzler Scholz versprochen, ist aber nichts mehr übrig geblieben. Es steht zu befürchten, dass das Gesetz bald nachgebessert werden muss, weil es nicht einmal die Novelle der europäischen Energieeffizienzrichtlinie vollständig umsetzt. Ambition ist höchstens noch in homöopathischer Dosierung enthalten.

So entsprechen die Einsparziele bis 2030 lediglich den europäischen Anforderungen. Für 2045, dem Jahr in dem Deutschland klimaneutral sein will, wurde das Primärenergieziel gestrichen – es entsteht der Eindruck, dass die FDP damit von den eklatanten Effizienzverlusten ihrer Nebelkerzen eFuels und Wasserstoffheizungen ablenken möchte. Das Zwischenziel für 2040 wurde gestrichen. Dabei sind gerade Zwischenziele wichtig, um den Fortschritt in der Effizienzpolitik unabhängig zu prüfen und um für Investitionssicherheit in der Industrie zu sorgen. Neben der generellen “Überprüfung” der Energiespargrößen im Jahr 2027 wurde außerdem ein Passus neu aufgenommen, der es der Bundesregierung bei “außergewöhnlichen oder unerwarteten” Entwicklungen erlaubt, die Ziele “anzupassen”. Beide Sätze sind wohl kaum dazu geeignet, das Gesetz nachzuschärfen, sondern es weiter aufzuweichen.

Positiv ist immerhin, dass der Grenzwert für den Einsatz von Energie-Management-Systemen für Unternehmen gesenkt wurde. Diese sollen nun bereits ab einem Gesamtenergiebedarf von 7,5 GWh und nicht erst ab 15 GWh verpflichtend sein. Allerdings fehlen weiterhin jegliche Einsparverpflichtungen für Unternehmen. Dass die Industrie nicht angehalten wird, alle hoch wirtschaftlichen Einsparmaßnahmen zügig umzusetzen, ist eine wirklich bittere Pille und angesichts der fortschreitenden Klimakrise nicht zu rechtfertigen. Die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand wurde so weit abgeschwächt, dass nun unklar ist, ob die europäischen Vorgaben noch eingehalten werden können.

Erstmals wird im Energieeffizienzgesetz die Rechenzentrumsbranche zu Effizienzmaßnahmen verpflichtet - was Branchenverbände beklagen. Dabei haben 19 Rechenzentrumsbetreiber, darunter auch etliche sehr große Anbieter, selbst längst Maßnahmen ergriffen und forderten die Politik kürzlich öffentlichkeitswirksam auf, mehr Mut in der Effizienzpolitik zu zeigen. Das Wehklagen der Branchenlobby war trotzdem teilweise erfolgreich. Lediglich die allergrößten Rechenzentren werden im Energieeffizienzgesetz reguliert und Netzknoten sind vollständig von der Regulierung ausgenommen. Damit sind weniger als ein Prozent aller deutschen Rechenzentren zu Einsparmaßnahmen verpflichtet. Bedauerlich ist auch, dass das geplante öffentliche Energieeffizienzregister für Rechenzentren gestrichen worden ist. Dass die Energieverbrauchseffektivität, ein Indikator für die Energieeffizienz von Rechenzentren, von 1,3 auf 1,2 marginal verbessert worden ist, ist positiv zu bewerten: Das wird insbesondere der Wasserkühlung von Rechenzentren Vortrieb geben, die nicht nur hocheffizient ist, sondern auch eine deutlich einfachere Nutzung der Abwärme ermöglicht.

Erhalten geblieben ist die Pflicht von Unternehmen, über die von ihnen erzeugte Abwärme Auskunft zu geben. Damit sollte es künftig einfacher werden, Abwärmeerzeuger und Wärmenetze zusammenzubringen und die unvermeidbare Abwärme sinnvoll, etwa für Gebäudeheizungen zu nutzen. 

Insgesamt bleibt das Gesetz weit hinter den erforderlichen Maßnahmen zurück und enttäuscht, hatte Kanzler Scholz doch im vergangenen Oktober ein “ambitioniertes Gesetz” in Aussicht gestellt. Es ist unwahrscheinlich, dass mit diesem Gesetz die notwendige Verdoppelung der Energieproduktivität bis zum Ende der Dekade gelingen wird.

Quelle: www.umweltinstitut.org

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Musik / Film

THE DAMNED: Die lang erwartete Reunion


damnedThe Damned wurden nach ihrer Gründung im Jahr 1976 in London zu einer der erfolgreichsten und einflussreichsten Bands der britischen Punkrock-Szene der 70er Jahre. Ihre Debütsingle „New Rose“ (1976) gilt als die erste Punksingle, die jemals im Ver...


weiterlesen...

25.06.2024 Salongespräche - Für Otto


salongespräche 062024Erst ab 1980 wurde das wegweisende Schaffen von Otto Freundlich (1878–1944), der von den Nationalsozialisten verfemt und ermordet wurde, dank Ausstellungen, dem Erscheinen eines Werkverzeichnisses (1978) und seiner Schriften (1982) intensiver rezi...


weiterlesen...

Kabinettausstellung: Vom Wert der


vom wert der wahrnehmungVom Wert der Wahrnehmung
Arbeiten von Kurt Wagner (Schüler von Oskar Holweck), Marga Wagner und Anna C. Wagner
Kabinettausstellung 10.05. - 23.06.2024

Kurt Wagner (1936–2009)
Seit den frühen 1960er-Jahren galt das künstlerische Interesse des Fotogra...


weiterlesen...

Der perfekte Snack zur EM: Die neue


Kölsche Wiess Wurst von Eckart mit Gaffel Wiess Foto Silke Steinraths Photography honorarfrei IVKöln, 11. Juni 2024 – Neu bei der Fleischerei Eckart: die Kölsche Wiess-Wurst. Sie liegt schon jetzt beim Frühschoppen im Joode Lade neben dem Wiess-Krug und wird auf der Biergartenkarte des neuen Wiessgarten im Maybach angeboten. Auch zur EM ist ...


weiterlesen...

Ticketverkauf gestartet: Viel Neues


gamescon Heart of GamingMehr Themenvielfalt, ein neuer Veranstaltungsort und eine noch bessere Vernetzung der Gäste: Mit zahlreichen Neuerungen präsentiert sich der gamescom congress am 22. August 2024 in Köln. Während auf der gamescom die neuesten Spiele im Mittelpunkt ...


weiterlesen...

Geplantes Tempo 30 auf der Luxemburger


VCDKöln, den 20. Juni 2024 Die Stadtverwaltung beabsichtigt, die Höchstgeschwindigkeit auf der Luxemburger Straße von Tempo 50 auf Tempo 30 zu reduzieren, weil die Grenzwerte für Lärm überschritten werden und die Gesundheit der Anwohner gefährdet ist...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop